Vielleicht habe ich nur eine sentimentale Phase. Vielleicht
schlägt mir die Lockdown-Zeit doch mehr aufs Gemüt, als ich bisher dachte. Vielleicht
hat es mit dem Buch zu tun mit Geschichten über das Altern, das ich vorhin
fertiggelesen habe. Damit, dass mir so einiges darin bereits vertraut ist oder
ich es zumindest als nicht so abwegige Schilderungen aus dem Leben älter
werdender Frauen betrachte.
Während ich die Milch auf meinem Herd nicht aus den Augen lasse und mir überlege, wie viele Löffel Kakao ich in diese einrühren soll, kommt die Erinnerung an gestern Nachmittag hoch. An die Tasse mit warmen Kakao, welche meine Tochter Lisa für mich gemacht hatte. Ich spüre die Tränen aus mir aufsteigen. Schon gestern Abend hatte ich einen emotionalen Moment. Als ich Lisa mit der Taschenlampe meines Handys zum Milchtank auf dem Hof ihrer zukünftigen Schwiegereltern begleitete, weil sie noch frische Milch holen wollte. Frische Kuhmilch, so wie die Kühe sie an diesem Abend kurz zuvor gegeben hatten. „Kühe geben Milch.“ Mit diesem Selbstverständnis bin ich aufgewachsen auf dem kleinen Sacherl meiner Großmutter. Das zwar mein Opa von seinen Eltern geerbt hatte, doch diejenige, die ich mit ihren drei Kühen und dem Land hier emotional verbunden erlebte, war meine Oma.