Ich nehme von dir und gebe von mir
Das letzte Stück Biskuitroulade hat
heute Nachmittag, in Milch eingetunkt, die Geschmacksknospen meiner Tochter
Lisa erfreut. Ich hab gestern Morgen den Rest von einem leckeren Thunfischsalat
genossen und gestaunt, wie schnell Johannes die Biskuitroulade, ohne einen
Hinweis von mir, in der Küche entdeckt hatte.
Während meine Kinder und ich das
genießen, was uns die Frauen nach dem Wintersonnwendritual dagelassen haben, wird
mir plötzlich bewusst, wie wir Frauen uns durch das gemeinsame Mahl bei den
Ritualen gegenseitig nähren. Jede Frau leistet ihren Beitrag, jede nach ihren
persönlichen Möglichkeiten und Vorlieben. Selbst gemacht oder selbst gekauft
oder vielleicht auch vom Partner für uns gebacken, wie die leckere Roulade. Neue
Speisen, Genüsse, Geschmäcker kommen dadurch in unser Leben. Dankbarkeit
erfüllt mich für die Gaben der Frauen.
Ich realisiere: es ist eine Vielfalt,
eine Abwechslung, ein Reichtum, den wir Frauen nur gemeinsam erschaffen können.
Nicht eine hat die ganze Last zu tragen, damit es allen gut geht, sondern
gemeinsam tragen wir Sorge für unser genährt sein bei den Ritualen. Ich nehme
von dir und gebe dir von mir.
Jede entscheidet für sich, was,
wieviel sie geben will, geben kann. Alle können sich nähren, stärken. Das
Gemeinsame und Verbindende des Rituals setzt sich im gemeinsamen Mahl fort. Wir
teilen uns den Aufwand und lassen genau dadurch die Fülle entstehen. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Verbindende zwischen uns Frauen zu leben, zu stärken, zu nähren. Dem Trennenden und Spaltenden dadurch immer mehr den Boden zu entziehen.
Das, was aus praktischen Überlegungen
entstanden ist – meine Leidenschaft ist nicht das Kochen, sondern das Lesen, das
Schreiben, das Fotografieren – bekommt plötzlich eine Bedeutsamkeit, die mir
bisher nicht bewusst gewesen war. Über das gemeinsam mitgebrachte Mahl entsteht
Austausch zwischen den Frauen. Fragen schwirren durch den Raum: „Von welcher ist
dieser leckere Aufstrich?“ „ Ist das im Glas vegan?“ „Kannst du mir das Rezept
schicken?“
Wir spüren und erleben die
Frauengemeinschaft auch leiblich-sinnlich. Wir geben und wir nehmen. Wir nähren
und nähren uns. Wir nähren Mutter Erde mit unseren Ritualen und sie nährt uns.
Mit alledem, was wir Frauen mitgebracht haben. Gemeinsam sind wir die Schöpferinnen
der Vielfalt und der Fülle und gemeinsam können wir aus der Fülle, der Vielfalt
schöpfen. Der Göttin sei Dank!
Unser gemeinsames Mahl zur Sommersonnenwende 2017 |
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