Die Polizei - „dein Feind und Strafer“

Vorbei sind für Ungeimpfte, ein- oder zweifache Geimpfte und seit länger als sechs Monaten Genesene in Österreich die Zeiten, als die Polizei noch als „dein Freund und Helfer“ in Erscheinung getreten ist. Bald heißt es auf Anordnung der österreichischen Bundesregierung für all diese Menschen: Die Polizei - „dein Feind und Strafer“. Ab 16. März soll bei jeder Polizeikontrolle auch der Grüne Pass überprüft werden. Haben die Kontrollierten kein gültiges Impf- oder Genesenzertifikat, werden sie angezeigt, saftige Strafen drohen.

Ein massiver Imageverlust der Polizei wird damit einhergehen. Jeder Polizist, jede Polizistin wird in einer großen Gruppe von Menschen in Österreich zukünftig in erster Linie Stress und Angst auslösen. Neben jenen Situationen, in denen ungeimpfte Menschen, nur ein- oder zweifach geimpfte Menschen oder Menschen, deren Genesung länger als 6 Monate zurückliegt, ohne eigenes Zutun in eine polizeiliche Verkehrs- oder Personenkontrolle geraten werden, geht es dabei auch um jene Situationen, in denen Menschen bisher die Polizei bewusst zu Hilfe gerufen haben. Zukünftig wird sich die große Gruppe der Menschen ohne gültigen Grünen Pass sehr genau überlegen müssen, ob sie die Polizei von sich aus verständigen oder nicht, da die polizeiliche Feststellung ihrer Personendaten mit der Kontrolle ihres Impfstatus einhergehen soll, so die Anordnung der Regierung. 

Ich denke dabei an Verkehrsunfälle, wie ich ihn selbst vor einem halben Jahr erlebt habe. Ein Mann mit 1,6 Promille war, als ich vor einem Zebrasteifen angehalten hatte, um eine Frau diesen überqueren zu lassen, ungebremst auf das Auto hinter mir aufgefahren und schob dieses auf mein Auto. Ein Schleudertrauma meinerseits war die Folge. Ich habe nicht gezögert, die Polizei anzurufen. Menschen ohne Grünen Pass werden es sich zukünftig genau überlegen, ob sie in solchen Situationen weiterhin die Polizei rufen können, wenn damit auch die Kontrolle ihres Impfstatus mit entsprechenden Strafen verbunden sein soll.

Ich denke dabei an Situationen, in denen Menschen ohne Grünen Pass verdächtige Personen in ihrer Nachbarschaft beobachten. Bisher konnten sie bei solchen Wahrnehmungen selbstverständlich die Polizei verständigen. Zukünftig ist es für die eigenen Finanzen wohl ratsamer, den möglichen Einbruch in der Nachbarschaft in Kauf zu nehmen, um nicht Gefahr zu laufen, dass im Zuge der polizeilichen Überprüfung auch die Personalien jener Personen überprüft werden, welche solche Vorfälle bei der Polizei melden.

Vor allem aber denke ich dabei an all jene Frauen, welche in Österreich von der sogenannten „häuslichen Gewalt“ betroffen sind. Fast täglich wird in den Medien über Fälle von Frauen berichtet, die von männlicher Gewalt betroffen sind. Im Jahre 2021 wurden in Österreich durchschnittlich zwei Frauen pro Monat getötet, die allermeisten von ihnen von ihren (Ex-)Partnern. Viel war und ist angesichts dieser hohen Zahl an Femiziden in Österreich die Rede von „vorbeugenden Maßnahmen“ und wie wichtig es ist, dass sich von männlicher Gewalt betroffene Frauen rechtzeitig an die Polizei wenden mögen und dass auch das Umfeld dieser Frauen die Polizei verständigen möge. Frauen ohne gültigen Grünen Pass und ohne entsprechende finanzielle Mittel für die möglichen Strafen, werden es sich ab 16. März noch mehr als schon bisher überlegen müssen, ob sie bei männlicher Gewalt gegen sie und ihre Kinder tatsächlich die Polizei rufen, wenn damit auch noch die Angst vor der damit einhergehenden Polizeikontrolle ihrer Daten verbunden sein wird. Die Hemmschwelle, die Polizei zu Hilfe zu rufen, wird dadurch steigen.

Die Regierung treibt mit dieser Vorgehensweise einen Keil zwischen die Polizei und einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung, welchen vor allem jene massiv zu spüren bekommen werden, die nicht über ausreichend finanzielle Mittel für die Bezahlung der Strafen verfügen. Frauen, die alleinerziehend sind, die Teilzeit arbeiten, die in gering bezahlten Berufen tätig sind, führen diese Gruppe an. Für all diese Menschen wird es zukünftig einen Spießrutenlauf bedeuten, in eine Situation zu geraten, bei der sie die Hilfe der Polizei brauchen würden. Und auch für die Polizisten und Polizistinnen könnten solche Amtshandlungen in Zukunft zu einer persönlich-moralischen und rechtlichen Belastungsprobe werden. Führen sie die Anweisung der Regierung korrekt aus, werden sie auch den Impfstatus der betroffenen Frauen erheben müssen und diese damit u.U. einer zusätzlichen, massiven finanziellen Belastung durch die fällig werdende Strafe aussetzen. Unterlassen sie diese Überprüfung und Anzeige aus Rücksicht auf die ohnehin schon extrem belastende Situation der Frauen, könnten ihnen deswegen rechtliche Schritte drohen, da sie die Kontrollvorgaben durch das Covid-19-Impfpflichtgesetz nicht korrekt ausgeführt haben. Ein Abwälzen der politischen Entscheidungen auf die ausführenden Organe wäre die Folge.

Auch als Nachbarin oder Freundin einer von männlicher Gewalt betroffenen Frau laufe ich zukünftig noch mehr als schon bisher Gefahr, dass mir die betroffene Frau den Schritt, die Polizei zu verständigen, nicht danken wird, wenn das Erscheinen der Polizei nicht nur für den gewalttätigen Mann Konsequenzen haben wird, sondern in Form der Kontrolle des Grünen Passes auch für sie. Ich frage mich, ob es angesichts all dessen zukünftig im Rahmen der Frauenberatungsstellen einen „Fördertopf für Frauen ohne Grünen Pass“ brauchen wird, damit diese auch weiterhin die Polizei rufen können?

Die dahingehende Sensibilisierung, welche Folgen und Auswirkungen das Covid-19-Impfpflichtgesetz für Menschen und insbesondere für Frauen haben kann und wird, ist mein Beweggrund für diesen Blog-Beitrag. Vorausgegangen sind diesem gestern ein Leserinbrief an die österreichischen Zeitungen und Stellungnahmen an die Polizei, die Frauen-Landesrätinnen, die Frauenhäuser und an verschiedene Frauen-Beratungseinrichtungen. Über deren Reaktionen und Rückmeldungen informiere ich in chronologischer Reihenfolge am Ende dieses Blogs.

Nelson Mandela, ehemaliger Präsident von Südafrika, schreibt in seiner Autobiografie „Der lange Weg zur Freiheit“, dass er Autofahrten wohlüberlegt nur früh morgens antrat, da um diese Zeit die wenigsten Polizeikontrollen waren. Überlegungen, die ab 16. März auch für viele Menschen mit Wohnsitz in Österreich zur Tagesordnung gehören werden?

Bild von Here and now, unfortunately, ends my journey on Pixabay


 

Reaktionen und Rückmeldungen in chronologischer Reihenfolge:

19. Jänner, eine knappe Stunde nach dem Versand meiner Stellungnahme: Karin Feldinger, Pressesprecherin der Salzburger Frauen-Landesrätin Andrea Klambauer, ruft mich an. Sie bedankt sich vielmals für mein Schreiben und die damit verbundene Bewusstmachung dieser Thematik. Sie hat dahingehend bereits mit dem Gewaltschutzbeauftragten der Salzburger Polizei, Herr Martin Kaltenegger, Kontakt aufgenommen. Auch er lässt mir seinen Dank dafür ausrichten, dass ich diese Entwicklung aufgezeigt habe, welche auch er bisher so noch nicht erkannt gehabt hatte. Karin Feldinger will mein Schreiben an ihre Medienkontakte weiterleiten, wofür ich ihr meine Erlaubnis gebe.

19. Jänner, 20 Minuten nach Erhalt meiner Nachricht antwortet mir Josef Scheinast, Landtagsabgeordneter der Salzburger Grünen mit dem Satz Dass die Polizei nur mehr Menschen mit einem Grünen Pass hilft ist unwahr.“ Ohne persönliche Anrede gibt er mir auf diese Weise zu verstehen, dass er mein Schreiben entweder nicht vollständig gelesen hat oder den Sinn dessen nicht erfassen konnte oder wollte. Ich weise ihn in meiner Antwort darauf hin, dass ich das auch nicht behauptet habe und erinnere ihn daran, dass er sich mir gegenüber in einem persönlichen Gespräch vor einigen Jahren als Feminist bezeichnet hatte und dies auch auf seinem Facebook-Profil öffentlich kundgetan hat und dass ich deshalb davon ausgehe, dass er alles in seiner politischen Macht stehende unternehmen wird, dass auch in Zukunft ALLE Frauen in Österreich die Polizei zu Hilfe rufen werden können, ohne dabei befürchten zu müssen, anschließend wegen eines nicht vorhandenen Grünen Passes zur Kasse gebeten zu werden.

Josef Scheinast antwortet mir daraufhin: „So wenig die Polizei derzeit nach einem Unfall prüft, ob du eine Rundfunkzusatzbewilligung hast, so wenig wird in Zukunft der Grüne Pass bei Hilfen für Opfer eine Rolle spielen. Bei der Impfpflicht gehts ums Impfen, nicht ums Strafen.“

Meine Antwort an ihn: „Zu Deiner Einschätzung kann ich Dir sagen, dass dies Martin Kaltenegger, der Gewaltschutzbeauftragte der Salzburger Polizei, anders sieht. Karin Feldinger, die Pressesprecherin von Frauen-Landesrätin Andrea Klambauer, hat sofort nach Erhalt meines Schreibens mit ihm Kontakt aufgenommen und er lässt sich vielmals für diese Bewusstmachung meinerseits bedanken, so wie sich auch Frau Feldinger mehrmals dafür bedankt hat.

Bei der Impfpflicht geht es ab 16. März ums Strafen. Falls Dir das bisher entgangen sein sollte, hier der dahingehende Auszug aus den SN vom 17. Jänner. Sollte die Salzburger Nachrichten mit ihrer Berichterstattung dahingehend Unwahrheiten verbreiten, wird es Dir als Landespolitiker sicherlich möglich sein, für eine entsprechende Richtigstellung zu sorgen.“

19. Jänner, kurz vor 22 Uhr: Madeleine Petrovic, ehemalige Bundessprecherin der Grünen in Österreich, bedankt sich herzlich für diese Nachricht von mir. Sie hofft, dass auch die Polizei diese unsägliche Tätigkeit ablehnen wird und bezeichnet es als ungeheuerlich, dass im Paragraph 80 des Arzneimittelgesetzes neu versucht wird, einen neuen Pass zu machen, dessen Daten nicht anonymisiert weitergeleitet werden. 

20. Jänner, Morgens: Das Frauenforum Salzkammergut bedankt sich für diesen wichtigen Hinweis, welchen sie vereinsintern weiterkommunizieren werden.  

20. Jänner, Vormittags: Evita, die Frauen- und Mädchenberatungsstelle in Kufstein schreibt: "Sollte eine von Gewalt betroffene Frau, ohne gültigen Grünen Pass,  im Rahmen eines Polizeieinsatzes (Betretungsverbot, Streitschlichtung)  kontrolliert werden, könnten wir als Beratungsstelle, falls unbedingt erforderlich,  die Kosten für diese Strafe sicher aufbringen. Ich hoffe, ihr Anliegen ist damit ausreichend beantwortet."

20. Jänner, Mittags: Herr Kaltenegger, der Gewaltschutzbeauftragte der Salzburger Polizei, ruft mich an. Er bedankt sich dafür, dass ich mit meinem Schreiben seinen Fokus auf diese Situation gelenkt und meine berechtigten Bedenken kommuniziert habe. Diese wurden durch ihn inzwischen auch an das Bundeskriminalamt weitergeleitet.

Er könne sich nicht erinnern, in einer der Stellungnahmen zum Impfpflicht-Gesetz diese Bedenken gelesen zu haben. Aufgrund meines Schreibens hat er sich den Entwurf zum Impfpflichtgesetz, der heute beschlossen wird, nochmals dahingehend durchgelesen. Es wird darin keine Unterscheidung gemacht, bei welchen polizeilichen Amtshandlungen die Kontrolle des Grünen Passes auszuführen wäre und bei welchen nicht. Ich liege mit meiner Einschätzung, dass diese prinzipiell bei allen polizeilichen Amtshandlungen durchzuführen sein wird, richtig.

Er erklärt mir, dass die konkrete Handhabung des Gesetzes in weiterer Folge durch Erlässe geregelt werden wird. Ob darin dann jene Amtshandlungen, wo die Polizei auf die Mithilfe der Menschen angewiesen ist bzw. bei denen Menschen die Polizei von sich aus zu Hilfe rufen, ausgenommen sein werden, kann er nicht sagen. Doch selbst wenn es so sein sollte, so teilt Herr Kaltenegger meine Bedenken, dass dies dann erst durch entsprechende Medienkampagnen kommuniziert werden müsste und trotzdem ist es fraglich, ob die betroffenen Menschen davon erfahren bzw. diesen Medienberichten Vertrauen schenken würden.

Herr Kaltenegger sagt, dass die Partnergewalt von der Regierung als „Top-Thema“ deklariert wurde, was die Wichtigkeit betrifft. Doch mit dieser gesetzlichen Kontroll-Vorgabe wird die Hemmschwelle, die Polizei zu rufen, wieder steigen. Die Brücken, die in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut wurden zwischen den Betroffenen und der Polizei, diese werde durch dieses Gesetz der österreichischen Bundesregierung wieder eingerissen oder zumindest beschädigt, so seine weiteren Worte. 

20. Jänner, kurz nach Mittag: Martin Sprenger, Grazer Allgemeinmediziner und Gesundheitswissenschaftler - Public Health Graz – antwortet mir: „Es zeigt wie wichtig es ist eine Intervention aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, um erwünschte und unerwünschte Folgen abzuschätzen. Nur unter diesen Voraussetzungen kann der Nutzen maximiert und der Schaden minimiert werden.

Der von Ihnen geschilderte Aspekt ist enorm wichtig und ich finde es gut dass Sie die zuständigen Stellen darauf aufmerksam gemacht haben. Ein wichtiger Hinweis von Ihnen ist auch, dass es sich dabei keinesfalls nur um ungeimpfte, sondern spätestens ab 01. Februar auch um viele zweifach geimpfte Personen handelt. Danke für Ihr Engagement und alles Gute.“

20. Jänner, nachmittags: Alexandra Schmidt, Leiterin des Frauenbüros der Stadt Salzburg antwortet: „danke für ihre überlegungen. nach rücksprache mit dem gewaltschutzzentrum kann ich ihre bedenken jedoch entkräften. es ist keinesfalls so, dass die polizei, wenn sie zu einer familiären gewaltsituation gerufen wird, den impfstatus der betroffenen personen irgendwie zum thema machen wird oder eine amtshandlung davon abhängig gemacht wird oder wegen des impfstatus eine notwendige maßnahme nicht ergreift. das gewaltschutzzentrum ist deswegen auch in engem austausch mit der polizei.  sie können versichert sein, dass von gewalt betroffene frauen auch weiterhin hilfe und unterstützung von der polizei erhalten, ganz unabhängig von ihrem impfstatus.“

Ich informiere sie in meiner Antwort darüber, dass dies der Gewaltschutzbeauftragte der Salzburger Polizei anders sieht und schicke ihr die Zusammenfassung meines heutigen Telefonats mit Herrn Kaltenegger zu. 

20. Jänner, nachmittags: Margarethe Kröll, Geschäftsführung Frau für Frau Braunau, bedankt sich für meine Infos. Sie kennt und schätzt Herrn Kaltenegger aus ihrer früheren Arbeit beim Gewaltschutzzentrum. In meinem Blog hat sie gelesen, dass ich dies auch bereits ans Salzburger Gewaltschutzzentrum weitergeleitet habe, was sie ansonsten mit meinem Einverständnis getan hätte, denn dort sitzen die Expertinnen, welche in engem Austausch mit der Polizei stehen und dort sollte die professionelle Einschätzung der Sachlage erfolgen. Frau Kröll wird sich diesbezüglich jedenfalls auf dem Laufenden halten.

20. Jänner, späterer Nachmittag: Dagmar Schlager, Assistenz der Burgenländischen Landesrätin Daniela Winkler informiert mich in deren Namen, dass sie mein Anliegen – zuständigkeitshalber an das Büro der Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf weitergeleitet haben.

21. Jänner, abends: Kimbie Humer-Vogl, Klubobfrau der Salzburger Grünen und Landtagsabgeordnete, kommentiert meinen Blog auf Facebook mit den Worten: Sehr spannend. Dafür braucht es eine Lösung. Ich hab das auch schon weitergeleitet. Ich nehm das ernst.“

 

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