In den Armen der Totenmutter - Den Lebenszyklus von Geburt, Tod und Wiederkehr feiern

Im christlichen Weltbild sind jene, die vor uns waren, tot. Hinweggerafft vom Sensenmann. Für ewig angekommen im Himmel oder der Hölle. Angsteinflößende Bilder prägen unserem Umgang mit Sterben und Tod. Entsprechend groß ist das Verdrängen der eigenen Sterblichkeit in unserer Zeit. Im vorchristlichen Weltbild Alteuropas ist der Tod ein Gang in eine andere Welt und kein Ende. Leben und Tod wechseln einander ab, nichts währt ewig. Die Menschen des alten Volkes beobachteten den Abstieg in die Unterwelt, den Prozess der Umwandlung und des Wiederkehrens bei den Pflanzen, den Tieren und auch bei den Menschen. Sie feierten diesen Lebenszyklus in acht großen Jahreskreisfesten.

Anfang November öffnen sich die Tore der Anderswelt und die Lebenden und die Toten begegnen einander. Die Kinder, welche in der Halloween-Nacht an unsere Türen klopfen und um Speisen bitten, erscheinen als Gestalten aus der Unterwelt. Einige Tage später, zu St. Martin, sind es die Mädchen und Buben mit ihren Laternen, die als Seelenlichter durch unsere Dörfer ziehen. In früheren Zeiten war es Frau Holle, die mit den Seelchen unter ihrem schützenden Mantel von Haus zu Haus ging, um die jungen Frauen zu besuchen, die sich ein Kind wünschten. Im Zuge der Christianisierung wurde die mächtige Schimmelreiterin als St. Martin vermännlicht, der seinen Mantel nun mit einem Bettler teilt. Aus dem Anderswelt-Paradies der Holle, das wir aus dem Märchen der Gebrüder Grimm kennen, entstand die christliche Hölle. 

Die "Schlafende Hexe" am Eingang ins Berchtesgadener Land

Der Tod wurde als geheimnisvoller Übergang in eine andere Welt gefeiert. So wie die Frauen die Rückkehr ins Leben erschaffen, so lag lange Zeit auch die Geburt in die Anderswelt und das Feiern der Todesrituale in den Händen der Frauen. Auch die Vorstellung einer weiblichen Totenmutter, die uns in ihrem Armen empfängt und uns in ihrer Seelenwiege nährt, ist sehr alt. Als Schiachpercht begegnet sie uns im alpenländischen Winter-Brauchtum. Im Salzburger Untersberg hütet sie bis heute die Seelen von Kaisern und deren Gefolge. Das älteste Symbol für Tod und Wiedergeburt ist die Mondfrau am Himmel. Sie erscheint als zarte Mondsichel, entfaltet sich mehr und mehr, wird voll, um dann mehr und mehr wieder zu schwinden, bis sie als Schwarzmondin stirbt, um dann in Sichelgestalt wieder zu kehren, Monat für Monat. 

Eingebunden und eingebettet in diese zyklische Weltanschauung, verlieren Sterben und Tod ihren angsteinflößenden Charakter. Nur wenn sich der herbstliche Raum des Vergehens und der winterliche Raum der Verwandlung öffnet, kann das neue, junge Leben im Frühling wiederkehren. Wir Menschen sind ein Teil der Natur. Auch wir durchlaufen diesen Zyklus, persönlich und gesellschaftlich. Möge diese Erkenntnis hineinsinken in unsere Köpfe und Herzen und darin genährt werden wie die Samen im winterlichen Bauch der Erde. 

 

Totenbretter im Rupertiwinkel

 

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