Von rauhen Mutternächten und den Seelchen unter dem Mantel der Holle

Alle Jahre wieder kommen zur Wintersonnwend-Zeit nicht nur das Christkind, sondern auch die Fragen, wann die Rauhnächte „nun tatsächlich beginnen würden“ und wie viele es denn „richtigerweise“ wären. Ich will mir nicht anmaßen, dass meine Sichtweise auf diese besondere Zeit im Jahr die „richtige“ ist. Doch was ich in diesem Beitrag nun versuchen will, das ist eine Beschreibung dessen, was ich über diese Zeit aus dem matriarchal-schamanischen Blickwinkel weiß und wie ich auf diese „Zeit zwischen den Zeiten“ persönlich blicke. 

Alles erscheint uns heutzutage auf die Minute bestimmbar, so auch der Zeitpunkt der Wintersonnenwende. Für die Menschen des Alten Volkes war es eine Phase über mehrere Tage, in der die Kosmische Göttin das Sonnenkind wiedergeboren hat. Sie fand am 25. Dezember mit dem „Berchtentag“ oder „Holletag“ ihren Abschluss, an dem die Menschen ein großes Göttinfest feierten. Das Wunder der Wiedergeburt des Sonnenkindes und die Wiederkehr des Lichts standen dabei im Mittelpunkt.

Dieses Feiern begann schon in der Nacht zuvor, die uns heutzutage als „Mettennacht“ bekannt ist. Eine „Mette“ ist eine Messe, die spätabends, in der Nacht oder am frühen Morgen stattfindet. Die im christlichen Kontext nötig gewordene Bezeichnung „Christmette“ ist, so wie die Bezeichnung „Christtag“ für den 25. Dezember, der Hinweis darauf, dass die Kirche sowohl die vorchristliche Bezeichnung für nächtliche Rituale im Jahreskreis als auch den alten Göttin-Festtag für ihre Zwecke vereinnahmt, umgeformt und auch umbenannt hat. Wir sehen daran aber auch, dass die Kirchenmänner die „Mettennacht“ und den „Berchtentag“ des Alten Volkes übernehmen mussten, weil die Menschen nicht dazu bereit waren, dieses für sie so wichtige, magisch-rituelle Feiern in der Wintersonnwend-Zeit aufzugeben, in der sie die Große Mutter geehrt und gefeiert haben, die alle Jahre wieder das Sonnenkind aus ihrem Schoß gebiert.

Im Anschluss an den „Holletag“ am 25. Dezember folgen „die Zwölften“. Die zwölf Mutternächte, in denen Frau Holle als „Mutter der Seelen“ in Zeiten des Alten Volkes mit den Seelchen unter ihrem Mantel umherzog, die bereit waren für ein neues Erdenleben und deshalb nach einer Frau Ausschau hielten, die ihre Mutter werden wollte. Im Alpenraum ist es Frau Percht, welche die Seelchen in ihrer Kraxn zurück auf die Erde bringt. Für sie und die Seelchen wurden von den Frauen in den Mutternächten Speisen ins Freie oder auf die Tische in den Stuben gestellt. Es bringt Glück und Segen, wenn Frau Percht in die Häuser einkehrt, denn vielleicht lässt sie ein Kinderseelchen und hoffentlich viele Tier- und Pflanzenseelchen für das kommende Jahr da.

Aus den zwölf Mutternächten wurde im Laufe der Christianisierung das, was wir heute als „Rauhnächte“ kennen und bezeichnen. Die Seelchen wurden von den Kirchenmännern zu "bösen Geistern" erklärt, vor denen die Menschen in der Rauhnachtszeit nun Angst haben sollten und gegen die im Laufe der Jahrhunderte allerlei seltsamer Abwehrzauber entstanden ist. Darüber, dass die letzte Rauhnacht jene vom 5. auf den 6. Jänner ist, herrscht Großteils Einigkeit. Im christlich beeinflussten Brauchtum des Alpenraums entstanden Rauhnächte wie die „Thomasnacht“ zur Wintersonnenwende, „Heiligabend“ mit der „Christnacht“, die „Silvesternacht“, welche neben der letzten Rauhnacht als die „wichtigsten“ Rauhnächte bezeichnet werden. Sind diese vier Rauhnächte der klägliche und zerstückelte Rest der ursprünglich zwölf heiligen Mutternächte, welche die Kirchenmänner den Menschen zugestehen mussten, weil sonst der Widerstand gegenüber der Missionierung Europas noch massiver gewesen wäre?

Für mich persönlich sind die Rauhnächte eine Zeit, in der ich mich in einem intensiven Dialog und Austausch mit Frau Percht erlebe. Jedes Jahr lehrt sie mich in dieser Zeit einen noch tieferen Blick auf die Zusammenhänge und Ursprünge der Bräuche. Das sind die „Seelchen“ mit denen sie mich von Jahr zu Jahr beschenkt… 

 

Meine Rauhnachts-Veranstaltung "Auf den Spuren von Frau Percht" Online und am Salzburger Mönchsberg: https://www.wildmohnfrau.at/raunaechte-und-percht

„Vom Spinnen des Lebensfadens“ - Online-Ritual am 6. Jänner, dem „Großen Perchtentag“: https://www.wildmohnfrau.at/vom-spinnen-des-lebensfaden-ritual-zum-grossen-Perchtentag

Möchtest du mehr erfahren über die Ursprünge und Hintergründe der alpenländischen Bräuche: www.wildmohnfrau.at/braeuche  

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Buchempfehlung zum Vertiefen: "Frau Holle - Das Feenvolk der Dolomiten" - Die großen Göttinnenmythen Mitteleuropas und der Alpen neu erzählt von Heide Göttern-Abendroth

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