Wer hat da was nicht verstanden...


„Sie haben überhaupt nichts verstanden!“, das durfte ich mir heute von einem Pfarrer in Maria Plain sagen lassen, nachdem ich mir erlaubt hatte, nach der Messe kurz in den Altarraum zu gehen, um die beiden dort hängenden Votivbilder zu fotografieren.

Vor mir waren einige ältere Herren ebenfalls in den Altarraum gegangen, um in der Sakristei eine Messe zu bezahlen. Davon, dass die Messe am heutigen Fronleichnamstag mit dem Hinausgehen des Pfarrers in die Sakristei noch nicht vorbei ist, hab ich bis heute tatsächlich nichts gewusst. Ich hab überlegt, ob wir das im Religionsunterricht in der Schule gelernt hätten? Ob es dieses „Anbeten des Allerheiligsten“ nach dem Fronleichnams-Gottesdienst auch in meiner Heimatpfarre Nußdorf gibt? Bewusst wahrgenommen habe ich es dort bisher nicht. Doch vielleicht ist das so ein großes Geheimnis des katholischen Glaubens, dass mir dieses Tun bisher gänzlich verborgen bleiben sollte?


Nach diesem Vormittag auf dem alten, heiligen Plainer Kultberg verstehe ich mehr. Ich hab verstanden, dass Geld in der Kirchenkasse den Schutz des Altarraums für die Anbetung aufhebt. Ich hab auch verstanden, dass Menschen beim Anbeten offenbar mehr nach Außen schauen als nach Innen, denn warum sonst würde mein Erscheinen im Altarraum ihre Anbetung stören können. Und ich hab vor allem verstanden, dass jene Frauen, welche den alten Kultberg auf der Plain über Jahrhunderte, Jahrtausende, im Dienste der Göttin gehütet haben, aus Sicht der Kirchenmänner dort bis heute nicht willkommen sind.

Andererseits frage ich mich nach diesem Ritual der „Anbetung des Allerheiligsten“, was die Kirchenmänner über die dahinterliegende, ursprüngliche Bedeutung verstanden haben oder verstehen wollen? Denn im Kelch mit Brot und Wein liegt der Versuch, zutiefst weibliche Symbolik in den Dienst eines männlichen Gottes zu stellen.

Der Kelch als Symbol der weiblichen Gebärmutter ist auf allen Altären zu finden. Darin wandeln sich laut christlicher Lehre, Wein und Brot zum Leib Jesu. Wie das genau von Statten geht, ist ein „Geheimnis des katholischen Glaubens“, welches in der Realität des natürlichen Lebens seines Gleichen sucht. Andererseits erleben Millionen Frauen weltweit, Tag für Tag, wie sich das Blut in ihrer Gebärmutter Monat für Monat natürlicherweise wandelt. Sie brauchen dafür keinen katholischen Pfarrer, sondern diese Wandlung vollzieht die Mondin seit Anbeginn der Welt in uns Frauen.

Entsteht aus diesem heiligen Frauenblut neues Leben, beginnt darin ein kleiner Menschenleib auf wundersame Art und Weise zu wachsen, so ernährt sich dieses Kind im Schoß der Mutter neun Monate lang über den Mutterkuchen. Hinter dem katholischen „Brot“-Symbol, dargestellt in der kreisrunden Hostie, welche der Vollmondin am Himmel zum Verwechseln ähnlich schaut, verbirgt sich dieser weibliche Mutterkuchen.

Das neue Leben schenken die Frauen, das ist eine Tatsache, die wir ebenfalls tagtäglich rund um uns herum erleben. Dieses junge Leben, ohne dem es keine Zukunft für das menschliche Dasein auf der Erde gäbe, ist das „Allerheiligste“ auf der Erde. Ohne die weibliche Gebärmutter, ohne das heilige Frauenblut, welches durch den Mutterkuchen zum Baby strömt, kann kein neues Leben entstehen. Das Wunder der Wandlung von Blut zu neuem Leben vollzieht sich neun Monate lang im Schoß der Frau.

Wie anders würde unsere Welt aussehen, wenn die Menschen wieder die Kinder und die Frauen, welche diese Kinder schenken, als das „Allerheiligste“ anbeten würden. Wenn die Menschen, anstatt in den Prunk der Wallfahrtskirche, hinunter zur alten Plainer Quelle strömen würden. Um dort das Wasser des Lebens zu trinken, um dort wieder die Kinderseelen abzuholen, wie die Frauen dies Jahrhundertelang an den alten Kultquellen der Erde taten.

Bleibt noch das katholische Symbol der Monstranz. Ihr gebührt an Fronleichnam ja besondere Aufmerksamkeit, denn sie hütet die „gewandelte“ Hostie, die den „Leib Jesu“ darstellt. Wenn die Monstranz einen „Leib“ enthält, dann kann sie auch nur Weiblich sein, göttlich-weiblich. Der männliche Pfarrer darf die Monstranz nicht mit seinen bloßen Händen berühren. Ein Tuch, das sogenannte „Velum“, verhüllt seine Hände. Velum ist lateinisch und bedeutet „Hülle, Schleier“. Jedes Kind ist eingehüllt in die Fruchtblase, das kommt mir dazu in den Sinn.

Männerhände hatten über die meiste Zeit unseres Erdendasein bei einer Geburt nichts zu suchen. Das „Allerheiligste“ im Schoß der Frauen war den Frauen vorbehalten gewesen. Das „Tor ins Leben“ hüteten schon immer die Frauen selbst. Bis die patriarchalen Männer von der Heiligkeit der Frauen, ihres Blutes und vor allem von der Heiligkeit von Mutter Erde und der kosmischen Göttin nichts mehr wissen wollten, um ihre eigene Macht etablieren und sichern zu können.

„Unter dem Himmel“ trägt der Pfarrer zu Fronleichnam die Monstranz mit dem Allerheiligsten über die Felder und Flure, durch die Dörfer und Städte. Der Himmel ist also heruntergekommen auf die Erde. Mutter Erde vereinigt sich nun in dieser roten Zeit des Jahres mit ihren Geliebten, mit der Sonne, mit dem Regen, mit dem Wind. Sie alle kommen „vom Himmel auf sie herunter“, damit sie das neue Leben in vielfältiger und reicher Form hervorbringen, wachsen und reifen lassen kann.

Über meine rote Erscheinung bei ihr im Altarraum hat sie sich gefreut, die alte Göttin von der Plain, das hat sie mir beim Rausgehen aus der Kirche zugeflüstert. Geflüstert hat sie deswegen, weil sie den Pfarrer nicht noch mehr stressen wollte. Er ist letztendlich nämlich auch ihr Sohn, er ist "Fleisch und Blut" seiner Mutter, auch wenn die Kirchenmänner daran erst wieder erinnert werden müssen. Darum werde ich zur Sommersonnenwende mit hoffentlich vielen, roten Frauen auf die Plain zurückkehren. Damit auch wir uns wieder daran erinnern, dass keine von uns aus einer männlichen Rippe entstanden ist, sondern in jeder von uns das Blut unserer Mutter, Großmutter, Urgroßmutter strömt und wir Frauen es sind, durch die der Strom des Lebens weiterfließen kann und wird.







"Wildes-Weiba-Wandern" zur Sommersonnenwende, am Samstag, den 23. Juni 2018 - "Von Bergheim nach Maria Plain" - nähere Informationen dazu auf meiner Homepage unter www.wildmohnfrau.at/wildesweibawandern



Kommentare

  1. Liebe Renate,
    ein Beitrag, der mir aus der Seele spricht - nicht, weil der Priester so reagiert ha, das ist eine andere Geschichte - leider - sondern weil du in der Beschreibung der Hostie, der Monstranz, dem Kelch genau das in mir zum Klingen bringst, was ich tief in mir immer schon wahrnehme. Und das tut einfach gut - DANKE

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