St. Alban im Tal
Vom zyklischen „Köpferollen“ zur Sommersonnenwende
Als kulturelle Besonderheit steht die Filialkirche St. Alban auf einer kleinen Anhöhe in der gleichnamigen Ortschaft, die zur Gemeinde Lamprechtshausen gehört. Im Volksmund wird dieser Weiler bis heute mit seiner ursprünglichen Bezeichnung „Tal“ genannt. Erste urkundliche Erwähnungen von 1170 sprechen von „in loco tal“ (im Ort Tal), womit auf die Lage im Oichtental Bezug genommen wurde. Die im 12. Jahrhundert errichtete, kleine Kirche ist dem heiligen Alban von Mainz geweiht. Dieser soll als Missionar eine historische Gestalt im Kontext der christlichen Frühgeschichte sein, obwohl seine Lebensdaten sehr unsicher sind.
Die christliche Legende berichtet davon, dass Alban als Priester im Kampf gegen einfallende Vandalen bei deren Sturm auf die Stadt Mainz während des Gebets erfasst und enthauptet wurde. Daraufhin habe er sein Haupt genommen, um es an die Stelle zu tragen, wo er begraben werden wollte. Sein katholischer Gedenktag ist der 21. Juni. In den Darstellungen hält er sein Haupt in Händen. Er gehört damit zu den sogenannten „Kopfträgern“, die mit ihrem abgetrennten Kopf in den Händen als ikonografisches Heiligenattribut dargestellt werden.
![]() |
St. Alban im Tal |
Der Weiße mit seinem „Sonnen-Haupt“
Alban (lateinisch albus für „weiß“) bedeutet „Der Weiße“. Albion ist ein antiker Name für England („Weißland“), vermutlich vorkeltischen Ursprungs und verbunden mit den weißen Kreidefelsen von Dover. Auch die keltische Sprachwurzel albio für „Welt, Land“ steht in diesem Zusammenhang. Deshalb soll in der englischen Grafschaft Hertfordshire, nördlich von London, im 3. Jahrhundert ebenfalls ein „Alban“ geboren worden sein. Dieser wurde als „Alban von England“ zum „ersten christlichen Märtyrer“ in Britannien auserkoren. Auch er soll aufgrund seines christlichen Glaubens enthauptet worden sein und auch sein Gedenktag im Heiligenkalender am 22. Juni steht in direkter Verbindung zur Sommersonnenwende.
Im „Haupt“ der Albane von Mainz und von England begegnet uns ein vorchristliches Sonnensymbol. Der christliche Alban verkörpert einen „getauften Heros“ aus der matriarchal-schamanischen Kultur Alteuropas. Er überlagert damit den alten Frühlings-Sonnen-Heros der hellen, „weißen“ Hälfte des Sonnenjahres, der seinen Zenit zur Sommersonnenwende mit dem längsten Tag erreicht. An dieser magischen Schwelle im Jahreslauf „stirbt“ im matriarchal-zyklischen Weltbild der Frühlings-Sonnen-Heros, symbolisiert durch das „Köpfen“. Mit dem wieder absteigenden Sonnenbogen zieht der Sonnen-Heros der dunklen Hälfte des Jahres ins Land. Deshalb ist Alban am Altar in Tal bei Lamprechtshausen mit dem dunklen Haupte und geöffneten Augen dargestellt. Seinen „weißen Sonnen-Kopf, bei dem die Augen nun wieder für ein halbes Jahr geschlossen sind“, hält er hingegen in seiner Hand.
Votivgabe aus Ton, sogen. Tonkopfurne, St. Alban b. Lamprechtshausen (Bezirk Salzburg-Umgebung), 18. Jh. (?), Inv.Nr. Kr T 2, ©Bayerisches Nationalmuseum; Walter Haberland
Mit Getreide gefüllte „Albaniköpfe“
Bis in die 1930iger Jahre existierten in der Kirche noch die sogenannten „Tonkopfurnen“, die sich heute im Bayerischen Nationalmuseum in München befinden. Diese kopfartigen, aus Ton gefertigten Behälter, die auch als „Albaniköpfe“ bekannt sind, wurden mit Getreide gefüllt und von der umliegenden Bauernschaft als Bitte und zum Dank aufgestellt. Seit dem 15. Jahrhundert bekannt und von der niederbayerischen Isar bis in den Flachgauer Raum verbreitet, brachte man die mit Getreide gefüllten Tonkopfurnen an Wallfahrtsorten, auch mit der Bitte um Kindersegen, dar. In späterer Zeit wurden diese als Abbild des menschlichen Kopfes betrachtet und mit der Bitte um Heilung von Kopfleiden geopfert.
Früher wurden in St. Alban im Frühling viele Wettermessen abgehalten, heute findet nur noch eine statt, wie mir Mesnerin Christa Eder erzählt hat. Dabei wird an diesem alten Sonnenlicht-Kultort im Oichtental, das schon in der Jungsteinzeit besiedelt war, der lichte „Sonnen-Heros“ bis heute um günstiges Wetter für ein reiches Wachstum gebeten.
Dieser Beitrag ist im Juni 2025 auch im Magazin "Salzachbrücke", Salzburger Nachrichten - erschienen.
Möchtest Du mehr erfahren über die naturverbunden-jahreszeitliche und landschaftsmythologische Betrachtungsweise der alten Bräuche, der Landschaft, der Sagen und Mythen und des Kirchenjahres:
Rituale im Jahreslauf - online und vor Ort in Nußdorf am Haunsberg.
Landschaftsmythologische Wanderungen
Lehrgang matriarchale Landschaftsmythologie
Meinen Wildmohnfrau-Newsletter bestellen: www.wildmohnfrau.at
Meine bisherigen Beiträge für das Magazin "Salzachbrücke" nachlesen: Artikel Salzachbrücke
Wenn Dir meine Blog-Beiträge gefallen, sie für Dich einen Wert haben, so
freue ich mich, wenn Du mich und mein Tun mit einem Wertschätzungsbeitrag
unterstützt:
Raiffeisenbank Flachgau-Nord IBAN: AT66 3503 0000 2603 0767 BIC: RVSAAT2S030 Paypal: re.fuchs@aon.at (Renate Fuchs-Haberl)
DANKE!
Persönliche Bitte: Anonyme Kommentare finde ich etwas irritierend. Ich kann anonyme Kommentare technisch nicht unterbinden, um Allen hier die Möglichkeit zum Kommentieren zu geben. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Ihr zu Euren Kommentaren Euren Vor- und Nachnamen dazuschreibt, vielen Dank!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen