Die Wassergeister der Salzach | Von der „Drachenschlange“ zu den „Drachentötern“

Die alten Schöffleut von Oberndorf wussten noch viel von den Geistern zu berichten, die einstens in den Flüssen hausten und auch in der Salzach und ihren verzweigten Nebenarmen ihr Wesen trieben. Besonders das Gebiet, in dem der Oichtenbach in die Salzach mündet, soll einst Sammelplatz der Wassergeister gewesen sein, so nachzulesen in der Salzachschiffer-Chronik von Karl Zinnburg. Kamen die Schiffer in den Abendstunden dorthin, dann riefen sie laut: „Reit ab, reit ab!“ und sie schnalzten mit den Peitschen. Mit diesem Abwehrspruch und den Scheuchlauten versuchten sie, eine Begegnung mit den unliebsamen Wasserbewohnern zu vermeiden.

Sollte jedoch ein Schiffer trotzdem den lockenden Ruf der Wassergeister vernommen haben, bedeutet dies für ihn bevorstehendes Unheil. Dieser Betreffende würde, so die Meinung der Schiffer, nicht mehr lange leben und alsbald im Fluss ertrinken. Den Salzachfischern sollen in „gewissen Nächten“ feurige kleine Männlein erschienen sein, die beim Näherkommen Rießengröße annahmen, schließlich aber wieder kleiner wurden, bis sie der Erschrockene überhaupt nicht mehr erkennen konnte und sie den Blicken der Fischer wieder entschwanden.

Der „geisterhafte Plättentränker“

Einer dieser Wassergeister wurde als der „geisterhafte Plättentränker“ bezeichnet. Zwei Schöffleut hatten eines Nachts ihre „Plätten zu wassern“, das heißt, das in die Flachboote eingedrungene Wasser mit einer Schaufel herauszuschöpfen. Es mag schon gegen 11 Uhr nachts gewesen sein, als sie bei der Oichtenmündung eines von den besagten Lichtlein auf der Salzach tanzen sahen. Zuerst machten sie sich noch lustig und meinten: „Der Plättentränker geht um.“ Als das Lichtlein aber immer näherkam und sich dabei mehr und mehr vergrößerte, kam ihnen der seltsame Spuck gar nicht mehr geheuer vor, und sie flüchteten in einen nahen Stadel. Als sie sich gegen drei Uhr früh wieder aus ihrem Versteck hervorwagten und zu ihrer Plätte eilten, mussten sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass diese bis zum „Ertränken“ mit Wasser gefüllt war, was mit einem natürlichen Hergang gar nicht möglich gewesen wäre.

Im Bogengang der Laufener Stiftskirche sind die „Wassergeister“ der Salzach auf einem hölzernen Epitaph (Grab-Gedenkplatte) abgebildet. Sie treten in Drachen-Gestalt in Erscheinung. Die Drachensymbolik für Flüsse entstammt dem matriarchal-schamanischen Weltbild und ist auch aus anderen Kontinenten bekannt. Bevor die Salzach in ihr heutiges Flussbett kanalisiert wurde, schlängelte sie sich mit ihren Nebenflüssen als „Fluss-Drachenschlange“ durch die Landschaft, wie auf dem 1825 entstandenen Sattler-Panorama ersichtlich ist. Flüsse wurden in den vorchristlichen Kulturen im Bild des Drachen und der Drachin verehrt.

Die „Drachentöter“ und die Macht der Natur

Der Drache als Symbol für die Macht der Natur und die alte matriarchale Naturreligion wurde vom Christentum zum „Bösen“ schlechthin erklärt, wie die Landschaftsmythologin Heide Göttner-Abendroth in ihrem Buch „Matriarchale Landschaftsmythologie“ schreibt. Fortan wurde er von den „Drachentötern“ Erzengel Michael, Ritter Georg und anderen Helden bekämpft und getötet. So auch dargestellt am linken Seitenaltar der Laufener Stiftskirche und in der Oberndorfer Nikolauskirche.

Auf der 1903 eröffneten Salzachbrücke zwischen Oberndorf und Laufen zeigt sich der „Wassergeist“ der Salzach auf beiden Pfeilern, innen und außen, als „Triton“-Gesicht. So sorgt die Flussgottheit bis heute für eine sichere Überfahrt über die Salzach und blickt wohlwollend auf die Zillen der Schiffergarde herab. 

Die "Flußgottheit" auf der Salzachbrücke zwischen Oberndorf und Laufen (Bild: Othmar Bramberger)


 

Dieser Beitrag ist im Februar 2024 auch im Magazin "Salzachbrücke", Salzburger Nachrichten - erschienen.

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