Die Auferstehung der Vegetation - Ostergräber: So bunt wie die wiedererwachende Natur

Zu Ostern wird in vielen katholischen Kirchen traditionell das „Heilige Grab“ aufgebaut. In einer Inszenierung wird das Osterwunder, die Auferstehung Jesu, den Gläubigen nähergebracht. Der Ursprung dieser Ostergräber ist im Mittelalter angesiedelt. Ihre künstlerische Blütezeit erlebte diese Tradition im Barock. Aufwendige Kulissenbauten entstanden, die immer reicher ausgeschmückt wurden. Im Jahre 1782 schob Kaiser Joseph II diesen „Sensationen“ einen rechtlichen Riegel vor, denn die wahre Andacht würde durch dieses Schauspiel behindert.

Im selben Jahr untersagte in Salzburg Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo in einem Dekret die „Grabtheater…mit gefärbten Kugeln, Öllampen oder übermäßiger Kerzenzahl.“ Lediglich eine bescheidene Restanlage blieb erlaubt. Ein Jahrhundert später lebte der Brauch der Ostergräber jedoch wieder auf, bevor sie 1955 durch Papst Pius XII neuerlich aus dem Blickwinkel des liturgischen, österlichen Geschehens gerückt wurden. Seit einigen Jahren erleben die Heiligen Gräber jedoch wieder eine „Auferstehung“. Vor allem im Westen Österreichs, der Schweiz und in Süddeutschland gibt es eine Fülle an katholischen Kirchen, in denen ein Heiliges Grab im Zentrum der Osterfeierlichkeiten steht.

„Grabschauen“ im Rupertiwinkel

Eines der größten und prächtigsten „Heiligen Gräber“ Bayerns findet man alle drei Jahre im ehemaligen Augustinerchorherrenstift Höglwörth in Anger im Rupertiwinkel. Über 80 handgeblasene, mit Wasser gefüllte Kugeln werden mit sechs Farbtönen eingefärbt, dazu werden über 200 Öllichter angezündet, welche die bunten Glaskugeln von hinten beleuchten und die abgedunkelte Kirche in ein mystisches Licht tauchen. Während Jesus im unteren Bereich des Ostergrabes in seinem Felsengrab liegt, dreht sich über ihm das mechanische Sonnenrad. Bis zu 15.000 Menschen werden am Karfreitag und Ostersamstag in Höglwörth zum heurigen „Grabschauen“ erwartet. Die Benediktiner-Erzabtei St. Peter in Salzburg hat den alten Brauch des Aufstellens eines Heiligen Grabes nach dem Vorbild des Höglwörther Ostergrabes wiederbelebt. Auch in der Flachgauer Gemeinde St. Georgen wird diese österliche Tradition hochgehalten.

Kugeln in Regenbogenfarben

Ein barockes Bild für das Leben und ein „Sinnbild für die Treue Gottes zu den Menschen“, so werden die Kugeln in Regenbogenfarben beschrieben. Der bunte Lichterglanz soll die Auferstehung Christi verheißen, so die christliche Deutung der Heiligen Gräber. Im naturmythischen Verständnis drückt sich in den Farben die Buntheit der wiedererwachenden Natur aus. Bunt wie die Ostereier, bunt wie die Hobelscharten an den Palmbuschen, so bunt möge sich die Auferstehung der Natur im Frühling gestalten.

Im Herbst ist die Natur gestorben, sie hatte sich über den Winter ins Erdreich zurückgezogen. Mutter Erde hütete und nährte alles Leben über den Winter in ihrem Bauch, versinnbildlicht in den Höhlen, so das matriarchal-schamanische Weltbild. Im Frühling kommt die Natur in all ihren vielfältig-bunten Erscheinungsformen daraus wieder hervor, auferweckt zu neuem Leben durch die Kraft der Sonne. Die Menschen der vorchristlichen Kulturen feierten diese jährliche Auferstehung allen Lebens in großen jahreszeitlichen Kultfesten. Daraus entstand im Zuge der Christianisierung Europas das Osterfest der Kirche.

So steht auch die christliche Tradition der Ostergräber in seinem Ursprung in Verbindung mit den Vorgängen in der Natur. Dieses eindrückliche Zeugnis der lebendigen Volksfrömmigkeit ist, wie viele uns heute als kirchliche Rituale bekannte, jahreszeitliche Bräuche, eine Reise zu den jungsteinzeitlichen Wurzeln alteuropäischer Traditionen. 

 

Hl. Grab "Ostergrab" in der Klosterkirche in Höglwörth, Gemeinde Anger/Bayern
 

Dieser Beitrag ist auch in der März-Ausgabe des Magazins #Salzachbrücke erschienen.

Im Rahmen meiner landschaftsmythologischen Wanderung "Magisches Salzburg" erzähle ich mehr über die vorchristlichen Plätze und Sagen der Salzburger Altstadt und wir besuchen dabei auch den "Wilden Mann" mit seiner Keule: https://www.wildmohnfrau.at/magisches-salzburg

Möchtest Du mehr erfahren über die landschaftsmythologische Betrachtungsweise der alten Bräuche, der Landschaft, der Sagen und Mythen und des Kirchenjahres: Lehrgang matriarchale Landschaftsmythologie und zu meinen landschaftsmythologischen Wanderungen

Meinen Wildmohnfrau-Newsletter bestellen: www.wildmohnfrau.at

Wenn Dir meine Blog-Beiträge gefallen, sie für Dich einen Wert haben, so freue ich mich, wenn Du mich und mein Tun mit einem Wertschätzungsbeitrag unterstützt: 

Raiffeisenbank Flachgau-Nord IBAN: AT66 3503 0000 2603 0767 BIC: RVSAAT2S030 Paypal: re.fuchs@aon.at (Renate Fuchs-Haberl) 

DANKE! 

Persönliche Bitte: Anonyme Kommentare finde ich etwas irritierend. Ich kann anonyme Kommentare technisch nicht unterbinden, um Allen hier die Möglichkeit zum Kommentieren zu geben. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Ihr zu Euren Kommentaren Euren Vor- und Nachnamen dazuschreibt, vielen Dank!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Brigid, Göttin des Lichts und des Neuanfangs

Von „Hausdrachen“ und weiblichem Eigensinn

Urmutter Anna und das Wissen der Frauen - Die Ursprünge ihrer weitverbreiteten Verehrung und die Verbindung der Heiligen mit alten Frauenkultorten.