Baba Marta, die bulgarische Märzen-Göttin
Wechselhaft wie das Wetter im März, so wird auch der Charakter von Baba Marta beschrieben. Die Sage erzählt, Baba Marta habe im Herbst, so wie auch ihre Brüder Januar und Februar, ein Fässchen Wein angesetzt. Die Brüder tranken ihren Wein, nachdem er fertig war, Zug um Zug aus und bald waren ihre Fässchen leer. Baba Marta jedoch hütete ihr Fässchen Wein sorgfältig, sie betrachtete es lächelnd, trank aber nicht daraus. Dann kam ihre Zeit und sie begab sich für einen Monat auf Wanderschaft durch die ganze Welt. Während dessen gingen ihre Brüder Januar und Februar in ihr Haus, öffneten dort ihr Fässchen Wein und tranken es leer. Als Baba Marta zurückkehrte und ihr Wein-Fässchen leer vorfand, wurde sie wütend. Sie tobte und schimpfte und weinte so bitterlich, dass der Himmel ganz grau und regnerisch wurde. Doch sie konnte ihren Brüdern nicht lange böse sein und bald scherzte sie wieder mit ihnen herum. Wenn sie alleine war und das leere Fässchen betrachtete, dann weinte und schimpfe sie wieder. War sie jedoch mit ihren Brüdern zusammen, war sie wieder versöhnt und lachte mit ihnen. So ging das eine ganze Weile lang. Dann aber soll ihr gutes Herz gesiegt haben und sie war nur noch freundlich und lachte.
In der Gestalt der Baba Marta begegnet uns im bulgarischem Volksglauben die Personifizierung des Monats März. „Baba“ ist das bulgarische Wort für „Großmutter“ und „mart“ bedeutet „März“. Baba Marta, sprachlich betrachtet „Großmutter März“.
Jedoch erscheint sie in der Sage vor allem als jugendliche
Frühlingsgöttin, die lachend mit ihren Frühlings-Heroen lustvolle
Frühlingsrituale feiert und „weint“, wenn sie und ihr „Fässchen“ von den Beiden
allein gelassen werden. Am 1. März, mit dem beginnenden Frühling, ist die Zeit
des herbstlichen „Weines“ endgültig vorbei. Nun müssen die „Weinreben neu
austreiben“, damit sie im Sommer saftige Trauben tragen werden und die Fässchen
im Herbst von Neuem damit befüllt werden können.
Eindrücklich wird in der Sage das für den Monat März so
typische, wechselhafte Wetter beschrieben. Im kalten, oftmals noch winterlichen
Märzen-Wetter begegnet uns „Baba Marta“. Doch mehr und mehr verwandelt sie sich
in die „freundliche Frühlingsgöttin“, die mit ihren Heros-Brüdern „scherzt und
lacht“. Ihr zu Ehren beschenken sich die Menschen in Bulgarien am 1. März und in
der darauffolgenden Woche mit Martenizi, gefertigt aus weißen und roten
Wollfäden. Es handelt sich bei den Martenizi um kleine, weiß-rote Anhänger, Quasten,
Armbänder und sie erscheinen auch als das „Liebespaar“ aus der Sage in Gestalt kleiner
Püppchen. „Pijo“ wird die weiße, männliche Puppe genannt, die rote, weibliche
ist „Penda“. Mit einer Masche werden sie „verbandelt“, so wie sich nun auch die
Menschen allerorts wieder „verbandeln müssen“, denn nur so ist sichergestellt,
dass es ein in vielerlei Hinsicht fruchtbares Jahr werden wird.
Auf der linken Seite, die dem Herzen nahe ist, werden die Martenizi
an die Kleidungsstücke angeheftet oder am Handgelenk getragen. Auch die Tiere
des Hauses, Bäume und Pflanzen, die Eingänge der Häuser und auch die
Arbeitsgeräte werden mit den Martenizi in weiß-rot geschmückt. „Gesundheit und
Wohlstand“ sollen sie bringen, indem sie die alles erneuernde Kraft der Frühlingsgöttin
rufen. Deshalb trägt man diese magischen Symbole in Bulgarien so lange, bis man
das erste Frühlingszeichen in Gestalt eines blühenden Baumes, des ersten Storchs
oder die erste Schwalbe erblickt. Dann, aber spätestens am 1. April, bindet man
die Martenizi an einen Baum oder Strauch oder legt sie unter einen Stein und
wünscht sich etwas Schönes. Nun haben sie ihre magische Aufgabe, die
Frühlingskräfte zu rufen, erfüllt. So wie sich Mutter Erde Jahr für Jahr im
Frühling verjüngt und erneuert, dürfen keine alten Martenizi getragen werden
und es bringt auch Unglück und Pech, sie sich vor dem 1. März anzubinden.
Im Volksglauben wird das Verschenken der Symbole oder
Püppchen, welche die Göttin darstellen, damit erklärt, dass sie dadurch
besänftigt werden soll, denn wenn sie zornig wird, dann schickt sie Kälte über
das Land. Die Martenizi „besänftigen die Winteralte“, indem sie die „junge,
zarte, freundliche und liebliche“ Frühlingsgöttin rufen und sie ihre Wiederkehr
feiern. Sie macht die Menschen und vor allem auch ihre Felder und Äcker wieder fruchtbar,
deshalb binden sie die Martenizi auch an ihre Arbeitsgeräte als jene Werkzeuge,
mit denen sie ihre Existenz sichern. Darum wurden die Pflüge beim ersten
Beackern der Felder geschmückt. Die Kübel, mit denen sie das Wasser aus den
Brunnen holen. Die Bäume im Obstgarten, damit sie reiche Frucht tragen mögen
und vor den Frösten der Baba Marta geschützt sein mögen, wenn sie zu blühen
beginnen.
Als Abbild der Frühlingsgöttin haben die Frauen in Bulgarien am 1. März frei. Sie feiern miteinander traditionelle Frauenrituale mit Kreistänzen und beschenken sich mit Martenizi, denn diese entfalten nur dann ihre Kraft, wenn man sie geschenkt bekommt. Die Frauen rufen und wecken mit diesen Ritualen die Kraft der Frühlingsgöttin in ihren Frauenleibern, bevor sie mit ihren „Pijos“ gemeinsam übers Feuer springen…
Baba Marta und ihre "Martenizi" auf meinem Wildmohnfrau-YouTube-Kanal: „Pijo“ wird die weiße, männliche Puppe genannt, die rote, weibliche ist „Penda“
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DANKE!
Ich hatte mal eine polnische arbeitskollegin, die erzählte mir, dass es einen brauch, im märz, gab allen lieben eine postkarte zu schicken, die mit weiß/rotem faden bestickt war. Es sollten glückswünsche sein!
AntwortenLöschenDanke fürs Einbringen Deiner Erfahrung mit diesem Frühlingsbrauch!
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