„Kurzfristige Absage“ – wie kommt die Andere dazu?!
Angenommen, du hast dir Konzert- oder Theaterkarten gekauft, wirst kurzfristig krank oder bist aus einem anderen Grund verhindert – kommst du dann auf die Idee, das Geld für die Karten vom Veranstalter zurück haben zu wollen, weil du ja nicht hingehen kannst? Oder du hast einen Flug ohne Stornoversicherung gebucht, dich beim Wifi oder der VHS angemeldet – überall ist zu zahlen, egal, ob du den Kurs besuchst, das Flugzeug besteigst oder nicht.
Das, was uns bei großen Veranstaltern und Bildungseinrichtungen, die es finanziell eher verkraften könnten, nicht in den Sinn kommt, ist für mich vor meinen Veranstaltungen immer wieder ein Thema: Frauen, die kurzfristig absagen und davon ausgehen, dass ich für ihre Absage, ihre Verhinderung das finanzielle Risiko zu tragen habe. Heute ist wieder so eine Situation eingetreten. Einige Male hab ich einen Blogbeitrag zu dieser Thematik schon angedacht, nun sollte er auch geschrieben werden.
Innerhalb einer Stunde sind zwei Absagen für meine morgige Raunachtswanderung gekommen. Während die erste Frau ihren Beitrag schon überwiesen hat und meinen Hinweis darauf, dass das finanzielle Risiko für eine Absage bei der Teilnehmerin und nicht bei mir liegt, nachvollziehen kann, kam die zweite Absage mit dem Hinweis, dass der Beitrag noch nicht überwiesen wurde und es somit „also keine bürokratischen Probleme“ gäbe. Verwundet saß ich vor ihrem Mail und fragte mich, wieso es für diese Frau selbstverständlich zu sein scheint, dass ich finanzielle Einbußen habe, wenn sie einen Tag vor der Veranstaltung ihre Teilnahme absagt, aber nicht sie selbst? Ich ihrer Ansicht nach noch dankbar sein soll, dass sie noch nicht überwiesen hat, weil ich sonst auch noch den Aufwand mit der Rücküberweisung hätte.
Ich bin selbstständig und alleinerziehend und ich muss von dem, was meine Veranstaltungen hereinbringen, finanziell leben können. Doch wenn ich selbst einen Tag vor einer Veranstaltung nicht sagen kann, wieviel Einnahmen ich dafür haben werde, wie soll unter diesen Umständen ein selbstständiges, finanziell halbwegs gesichertes Dasein möglich sein?
Stell dir vor, du bist Lehrerin an einer Schule und wüsstest keinen Tag vor Schulbeginn, wieviel Geld du für diesen Unterrichtstag bezahlt bekommen wirst – weil du nur für die Schülerinnen und Schüler bezahlt bekommst, die auch tatsächlich in der Klasse sitzen. Wenn ein Kind krank ist oder zur Zahnärztin muss oder die Oma Geburtstag hat oder heute doch lieber mit der Freundin spielt, als zum Unterricht zu kommen, so bekommst du für all diese Kinder kein Gehalt ausbezahlt. Damit du dort unterrichten kannst, musst du Miete für das Klassenzimmer zahlen und du musst auch fleißig Werbung für deinen Unterricht machen, damit die Kinder überhaupt zu dir in die Klasse kommen. Keine feine Vorstellung, ich weiß. Doch genau so leben wir Selbstständige im Erwachsenenbildungssektor das ganze Jahr über.
Der aktuelle Trend, sich immer noch kurzfristiger für Veranstaltungen anzumelden, macht es schon schwierig genug, in diesem Bereich selbstständig zu sein. Doch dann soll ich auch noch das finanzielle Risiko tragen für alle Art von Absagen meiner Teilnehmerinnen?! Wieso soll es für mich Folgen haben, wenn Frauen nicht kommen können, nicht kommen wollen - aber nicht für sie selber?! Wie komme ich dazu?
Ich frage mich, ob sich diese Frau Gedanken darüber gemacht hat, was ihre Absage für mich bedeutet? Ich plane die Veranstaltung, bewerbe sie, beantworte die Anmeldungsmails, reserviere Räume dafür, ich bereite mich inhaltlich darauf vor, dass ich den angemeldeten Frauen für ihr Geld auch etwas biete – doch dann ist das alles vielleicht umsonst gewesen? Welche Wertschätzung hat diese Frau für mein Tun? Solange wir Frauen dem Tun anderer Frauen so wenig Wertschätzung geben, wie wollen wir diese Wertschätzung dann von den Männern erwarten?!
Wir leben in einer Zeit, in der wir Frauen von den Männern endlich für „voll“ genommen werden wollen. Doch das setzt voraus, dass wir uns auch entsprechend verhalten. In meinen Geschäftsbedingungen, auf welche ich auf jeder meiner Veranstaltungsseiten verweise, steht ausdrücklich drinnen, dass Anmeldungen verbindlich sind und zur Bezahlung des Beitrags verpflichten. Wie soll das etwas werden mit der Gleichberechtigung, wenn erwachsene Frauen sich so unselbstständig verhalten und offenbar keine Geschäftsbedingungen lesen? Oder meinen, dass sie sich über diese einfach hinwegsetzen können? Eine etwas andere Art von Frauen-Bewusstseins-Bildung als sonst, ich weiß.
Ich frage mich, wo die Selbstverantwortung dieser Frau geblieben ist? Die ihr bewusst machen würde, dass sie die Folgen, die Konsequenzen für ihre Entscheidung selber zu tragen hat und diese nicht einfach auf mich abwälzen kann. Wo ihre Verbindlichkeit hingekommen sein mag? Auch gegenüber den anderen Frauen, die sich für die Veranstaltung angemeldet haben, sich diesen Termin frei gehalten haben, sich darauf freuen und dann vielleicht ein paar Stunden vorher erfahren müssen, dass sie nicht stattfinden kann - weil vielleicht noch mehr Frauen absagen?
Viele und gerade Frauen, wünschen sich eine andere, eine neue, eine bessere Welt. Eine Welt, eine Gesellschaft, in der nicht egoistisch nur der eigene Vorteil im Fokus steht, sondern das gemeinsame Wohlergehen, in der mit Empathie und Verantwortungsbewusstsein auch die Mitmenschen gesehen werden. In der Frauen und Männer wieder Verantwortung übernehmen für das eigene Handeln.
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DANKE!
danke für diesen beitrag von dir......is auch bei uns immer wieder mal ein thema....früher öfter, heute nicht mehr so....gerade bei veranstaltungen, die enorme logistische vorbereitungen erfordern - wie z.B. schwitzhütte, ist das sehr unschön.....es bleibt dann ein sehr klarer und präziser standpunkt und entsprechende konsequenz des veranstalters (in dem fall du oder wir) übrig.....wir haben unseren weg gefunden......und bieten dazu in kürze auch eine seminarausfallversicherung (wie reiserücktritt) an....GLG und dir ein gutes gelingen.......von der feuertrommel
AntwortenLöschenDanke für Euren Erfahrungsbericht und die guten Wünsche. Mein Standpunkt hat sich durch diesen Blogbeitrag auch geklärt, sowohl bei mir selbst als auch bei Menschen, die diesen Beitrag gelesen haben, wie ich bereits als Rückmeldung erhalten habe. Auch für Euer Tun und Wirken alles Gute!
LöschenSehr treffend auf den Punkt gebracht! Ich bin auch selbstständig und habe das Beispiel mit den nicht anwesenden Schülern einmal einer Lehrerin, die 2 Stunden vor Beginn meines Kurses (Ganztageskurs) abgesagt hat, erklärt. Sie war völlig aufgebracht, als ich ihr ein Drittel der Kurskosten als Stornogebühr verrechnet habe. Ich musste grobe Beschimpfungen in Kauf nehmen. Hier ist noch großer Aufklärungsbedarf. Danke für den Beitrag.
AntwortenLöschenIch freue mich, dass mein Blog zu dieser wichtigen Aufklärungsarbeit einen Beitrag leisten kann. Interessant, dass Du genau diese Erfahrung mit einer Lehrerin ansprichst, welche ich als erklärendes Beispiel zum Veranschaulichen gewählt habe.
LöschenLiebe Renate,
AntwortenLöschendu sprichst mir aus der Seele - was ich in den letzten Wochen und Monaten diesbezüglich erlebt habe lässt sich kaum in Worte fassen!
Ich finde es zudem richtig berechnent auch noch auf der emotionalen Ebene zu agieren "mir geht es so schlecht - und wenn ich jetzt den Kurs noch bezahlen muss, dann bedeutet das einen riesen finanziellen Verlust! Hast du denn kein Mitgefühl?"
Das macht mich mehr und mehr wütend, wer hat mit mir und meinen Gefühlen, meinen finanziellen Verlusten und meinem bürokratischen Aufwand Mitgefühl?
Ich nehme gerne das Beispiel: Stell dir vor du hast eine Konzertkarte bei Künstler XY gekauft und wirst krank? - Wird dir dann das Geld für die bereits lange im Vorfeld gekauften Karten zurückerstattet? - SCHWEIGEN
DANKE FÜR DIESEN MUTIGEN ARTIKEL
Liebe Grüße
Sabrina