Von „Berta-Frauen“, früher und heute…


„Meine Großmutter, das war noch eine richtige Berta-Frau … aber mir ist mein zweiter Vorname nur peinlich…“, so erzählte uns eine Frau gestern in der Mittagspause beim Familienaufstellungstag. Zuvor war es in einer der Aufstellungen um ein Familiengeheimnis gegangen. „Ich hab auch sowas wie ein Familiengeheimnis und das ist mein zweiter Vorname“, damit machte sie uns neugierig auf diesen Vornamen. Etwas nachbohren mussten wir schon, doch dann gab sie ihr Geheimnis preis: „Berta“!

Ohne lange zu überlegen bin ich gleich herausgesprudelt mit meinem Wissen, dass sich der Name Berta von Frau Percht ableitet, unserer großen, alten Göttin im Alpenraum. Hab ihr mit meiner ganzen Begeisterung für diese Thematik erklärt, dass der Name „Perchta“ von ahd. perachta kommt und „hell, strahlend, glänzend“ bedeute. In ihren Augen zeigte sich das Glänzen der Percht, als sie diese uralte und so besondere Bedeutung ihres „peinlichen Vornamens“ erfuhr. Ihr Gesicht war nicht mehr unangenehm berührt, sondern strahlte uns an. 

Für dieses „Lebensgeheimnis“ brauchte es keine Aufstellung im klassischen Sinne. Frau Percht hat es sozusagen zwischen Kaffee und leckerem Obstkuchen in die Heilung geführt, eine urweibliche Form von gelebter, weiblicher Heilarbeit, wie sie mir nun mit einem wissenden Schmunzeln beim Schreiben verraten hat.

Diese Form von Heilung kann nur dann geschehen, wenn wir unseren Blickwinkel verändern. Wenn wir die patriarchalen Definitionen hinterfragen, die im männlichen Interesse stehenden Rollenzuschreibungen zurückweisen und uns auf die Suche machen. Nach unserer eigenen Vergangenheit und Frauen-Geschichte, nach unseren spirituell-kulturellen, weiblichen Wurzeln.

Wo sind sie hingekommen, die „Berta-Frauen“ der früheren Generationen? Wieso ist gerade dieser alte und einst weitverbreitete Frauenname bis heute nicht wiedergekehrt, nicht wieder „modern“ geworden, wie dies mit anderen, alten Frauennamen geschehen ist? Theresa, Katharina, vom jahrelangen Anna-Trend ganz zu schweigen. Doch die Tochter wieder „Berta“ nennen?

Mir kommt dazu eine eigene Reaktion in den Sinn, die sich genau in dieses zwiespältige „Bild von der Berta“ einfügt. Wie lange es her sein mag, kann ich nicht mehr genau sagen, 15 Jahre, vielleicht auch schon länger. Damals belieferte uns ein Müller aus Acharting mit selbstgebackenem Brot. Irgendwann erzählte er von seinen Kindern und dass seine kleine Tochter Berta heißt. Ich war damals selber eine junge Mutter, hatte mich mit der Frage, welche Vornamen ich meinen Töchtern gebe, intensiv beschäftigt. Auf den Gedanken, sie „Berta“ zu nennen wäre ich nie gekommen. Entsprechend baff war ich über die Aussage des Müllers, wie sie ihre Tochter genannt haben.

Ich hoffe sehr, dass diese „kleine Berta“ inzwischen zu einer glücklichen, strahlenden und lebensfrohen, jungen Frau herangewachsen, die stolz ist auf ihren besonderen Vornamen. Und auch auf ihr besonderes Daheim, denn die „Fuchsmühle“ in Acharting ist ein einzigartiges Kleinod, das es noch immer gibt, wie ich nun bei meiner Recherche im Internet feststellen durfte.

So hat mich die Berta von gestern heute dazu gebracht, in meine eigene Vergangenheit zurück zu schauen, um daraus den Impuls zu bekommen, mich bald auf den Weg zum Achartinger Bach aufmachen zu wollen. Ein Ort auf der Südseite „meines“ Haunsbergs, wo die Percht noch wirkt, davon haben mich die Bilder auf dem Fotoblog meiner Nachbarin, Cornelia Gruber, schon überzeugt.

Die Percht spinnt unsere Lebensfäden. Sie knüpft an und schneidet auch wieder ab, wenn sie die Zeit dafür als gekommen erachtet. Eingebettet in ihr Lebensgewebe, getragen von ihrer Weisheit, Seins-Macht und Liebe, genährt in ihrer Seelenwiege in den Tiefen des Untersbergs, so lebten unsere Ahninnen und Ahnen über Jahrtausende.

Mögen die „Berta-Frauen“ wieder erwachen, wie auch immer sie sich nun in diesem Leben nennen mögen. Mögen sie sich wieder an ihre Frauenkraft erinnern und das Strahlen und Glänzen in ihren Augen all das Leid und die Schwere, das Unterwürfige und Angstvolle aus dem Leibern, Seelen und Herzen von uns Frauen vertreiben. Mögen Frau Perchta und ihre Göttin-Schwestern weltweit mit ihren magischen Besen wieder übers Land brausen, um all die lebens- und lustfeindlichen, nur am eigenen Machterhalt orientierten, frauenfeindlichen, patriarchalen Strukturen hinweg zu fegen.

Mögen das Lachen und Kichern, das Stampfen und Rasseln, die Lieder und Tänze der Frauen wieder verschmelzen mit dem Herzschlag der Erde und dieser auch die Männer zurückführen in den heilenden Schoß der Erde… 

Vanessa und ihre Oma beim Almabtrieb in St. Martin bei Lofer - "Frauen aus dem Lande der Percht..."








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