Frau Percht, alte Göttin des Alpenraums - Von der „schiachen“ Totenmutter zur „schenen“ Wiedergeburtsgöttin
„Aus dem Flachgau wird erzählt, die Frau Percht zeige sich nachts an Kreuzwegen den Wanderern und Schnittern, wenn sie spät von der Arbeit heimkehren. Sie winkt ihnen freundlich zu und hält denen, die ihr begegnen, ein schwarzes Tuch vor. Nimmt der Wanderer nun das Tuch an, dann stirbt er noch im selben Jahr; schlägt er aber ein Kreuz und spricht: „Frau Perth, Frau Perth, Wirf’s Tücherl um d’Erd“, so kehre Glück und Segen ein in seinem Haus.“. Dies erzählt „Das Salzburger Sagenbuch“ aus dem Jahre 1962.
In diesem Sagenmotiv erscheint Frau Percht als
herbstlich-winterliche Schicksalsfrau und Totenmutter. Aus dem Salzburger
Perchtenbrauchtum ist sie als „Schiachpercht“ bekannt. Sie ist es, welche im
matriarchal-schamanischen Weltbild im Herbst alles Leben zurück in ihren
Erdenbauch nimmt, um es dort zu wandeln und Neues daraus entstehen zu lassen. So
geschieht es auch mit den Seelen der Menschen, die ihr jeweiliges Erdenleben,
ob alt oder jung, als vollendet betrachten und sich dafür entscheiden, das
„schwarze Tuch“ der Percht anzunehmen. Sie kehren heim in den dunklen,
schwarzen Schoss der Erde, welche die Menschen im Alpenraum in früheren Zeiten in
Gestalt von „Frau Percht“ als ihre „Große Mutter“ betrachteten und verehrten.
„Glück und Segen“
Damit „Glück und Segen“ in ein Haus einkehren können, braucht
es all die Gaben der Erde, mit denen sie ihre Menschenkinder seit Anbeginn des
menschlichen Daseins ernährt und umsorgt, Jahr für Jahr, Leben für Leben.
Vielleicht war es ein gleichschenkeliges Lebenskreuz, welches der Wanderer
geschlagen hat, um damit die alles umfassende Fruchtbarkeit der Erde zu ehren.
Bis heute bringt es „Glück und Segen“, wenn Frau Percht mit ihrem Gefolge in
Gestalt der traditionellen Perchtenläufe, wie sie vor allem im Salzburger
Pongau in den Raunächten noch gelebte Tradition sind, auf die Höfe und in die
Häuser einkehrt.
Im Weltbild des alten Volkes führt Frau Percht in ihrer
„Kraxn“ all die Pflanzen-, Tier- und Menschen-Seelchen mit sich, welche sich im
kommenden Jahr auf den Weg in ein neues Erdendasein machen wollen. Deshalb
bringt es „Glück und Segen“, wenn Frau Percht in die Stuben einkehrt. Wird sie
dort gut bewirtet, dann zeigt sie sich großzügig und lässt hoffentlich viele
junge Pflänzchen und Tierkinder da und wer weiß, vielleicht wird in diesem Haus
im nächsten Jahr ja auch ein Kindlein geboren.
Die „Schönpercht“ mit ihrer „Kraxn“
Die „Kraxn“ der Percht als Symbol für ihren alles Leben
hervorbringenden Schoss, wurde im Zuge der Christianisierung zu einem angsteinflößenden
Objekt der Bestrafung verdreht. „Um Weihnachten zieht Frau Percht umher und
sucht nach den bösen Kindern, welche das Jahr über unfolgsam gewesen sind.“ Mit
dieser Behauptung wurde vielen Generationen von Kindern Angst und Schrecken vor
der alten Wiedergeburtsgöttin eingejagt. Sie würde die „schlimmen Kinder in
ihre Kraxn stecken und sie mitnehmen.“, so die Schauergeschichten, die bis
heute viele Menschen mit Frau Percht verbinden.
Doch die Kinderfüßchen, welche aus der „Kraxn“ der Percht
herausschauen, sind das Symbol des neuen, jungen Lebens. Als „Schönpercht“
erscheint die vorchristliche Wiedergeburtsgöttin den Menschen in den
Raunächten, die auch „Mutternächte“ genannt werden und rund um den 6. Jänner,
der nach alter Überlieferung als „Perchtentag“ bezeichnet wird, bevor auch
dieses alte Göttin-Fest christianisiert und zum „Dreikönigstag“ gemacht wurde.
Schnabelperchten aus Rauris mit ihrer "Kraxn", darin das "wiederkehrende junge Leben"
Dieser Beitrag ist im November 2023 auch in der Ausgabe des Magazins "Salzachbrücke", Salzburger Nachrichten - erschienen.
Möchtest Du mehr erfahren über die naturverbunden-jahreszeitliche und landschaftsmythologische Betrachtungsweise der alten Bräuche, der Landschaft, der Sagen und Mythen und des Kirchenjahres:
Rituale im Jahreslauf - online und vor Ort in Nußdorf am Haunsberg.
Landschaftsmythologische Wanderungen
Lehrgang matriarchale Landschaftsmythologie
Meinen Wildmohnfrau-Newsletter bestellen: www.wildmohnfrau.at
Meine bisherigen Beiträge für das Magazin "Salzachbrücke" nachlesen: Artikel Salzachbrücke
Wenn Dir meine Blog-Beiträge gefallen, sie für Dich einen Wert haben, so
freue ich mich, wenn Du mich und mein Tun mit einem Wertschätzungsbeitrag
unterstützt:
Raiffeisenbank Flachgau-Nord IBAN: AT66 3503 0000 2603 0767 BIC: RVSAAT2S030 Paypal: re.fuchs@aon.at (Renate Fuchs-Haberl)
DANKE!
Persönliche Bitte: Anonyme Kommentare finde ich etwas irritierend. Ich kann anonyme Kommentare technisch nicht unterbinden, um Allen hier die Möglichkeit zum Kommentieren zu geben. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Ihr zu Euren Kommentaren Euren Vor- und Nachnamen dazuschreibt, vielen Dank!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen